Streit, passive Aggressivität, irgendwie geht einem der:die Andere auf die Nerven, und ganz allgemein herrscht Ärger im Paradies? Erstmal kein Grund zur Sorge, das passiert den Besten. Krisen gehören genau so zu einer Beziehung wie Hochphasen und sind nicht automatisch Boten eines nahenden Endes. Trotzdem sollte man sie ernst nehmen und auf Ursachenforschung gehen, da sie doch meist ein Zeichen einer Schieflage in der Kommunikation sind, die sich zu einem ernsthaften Keil in der Partnerschaft entwickeln kann.
Wenn man sich dazu entscheidet, das eigene Leben mit einem anderen Menschen zu verbringen, bringt man die eigene Persönlichkeit, eigene Angewohnheiten und Ansichten mit in die Gemeinschaft. Meistens stimmen die groben Einstellungen der Partner:innen überein, aber erstens spricht man zu Beginn einer Beziehung nicht sämtliche Details durch, zweitens zeigen sich manche Unterschiede erst nach einer Weile des gemeinsamen Lebens. Und drittens verändern viele Menschen sich im Laufe ihres Lebens, ganz unabhängig von ihren Partner:innen.
Schlechter Tag oder ausgewachsene Beziehungskrise?
Aber woran erkennt man denn nun, dass es kriselt? Schlechte Phasen hat jeder Mensch, niemand ist jederzeit von Glücksgefühlen und Liebe erfüllt. Das ist erstmal noch kein Anzeichen für eine Krise, sondern normal und menschlich. Ist die schlechte Stimmung jedoch an den:die Partner:in geknüpft oder lässt sich von ihm:ihr nicht zur besseren beeinflussen, es kommen Zweifel an der Beziehung auf und irgendwie will man mit dem:der Anderen nicht darüber reden, weil man von den Antworten sowieso nur genervt wäre? Das sind Anzeichen für eine ernsthafte Krise, und es besteht Handlungsbedarf.
Krise erkannt, und jetzt?
Auch wenn jede Beziehungskrise individuell aussieht und abläuft, sind die Strategien zur Bewältigung relativ allgemeingültig. Da Krisen eigentlich immer mit einer gestörten Kommunikation einhergehen oder aus ihr entstehen, liegt der Fokus auf Wiederherstellung der gesunden Kommunikation und erfordert beidseitiges Engagement.
Der erste Schritt ist zu erkennen, dass es kriselt und sich nicht von alleine ent-kriselt. Das Eingeständnis, dass die eigene Beziehung eben nicht mehr rund läuft, ist schon nicht einfach, die Beziehungsarbeit folgt aber erst noch. Hier gibt es einen kleinen Werkzeugkasten mit Tools, die diese Arbeit erleichtern:
Distanz
Kurzfristig räumliche Distanz zwischen sich und seine:n Partner:in zu bringen ist manchmal der einfachste Weg, ein Hochschaukeln der Situation zu verhindern. Bitte nicht wortlos gehen, sondern das Bedürfnis nach Abstand kommunizieren! Das bietet die Chance, sich zu beruhigen und mit einem klareren Kopf der Problemlösung zu widmen. Auch emotionale Distanz zum Problem, nicht zum:zur Partner:in, kann ein hilfreiches Mittel sein. Mit einem gewissen Abstand ist man eher dazu in der Lage, eine möglichst objektive Sicht auf die Dinge einzunehmen und konstruktiv an ihnen zu arbeiten.
Kommunikation
Kommunikation ist nicht gleich Kommunikation. Sich gegenseitig Vorwürfe und Vorhaltungen zu machen ist auch Miteinander sprechen, wird aber eher nicht zu Harmonie und einem glücklichen Beziehungsleben führen. Pauschalisierungen und Du-Aussagen („Du machst immer das und das!, du hast XY nicht gemacht!“) sollten vermieden und durch Ich-Botschaften („Ich fühle YZ wenn XY ist“) ersetzt werden. Sich an die gängigen Kommunikationsregeln zu halten (Ausreden lassen, auf Lautstärke achten, Zuhören) trägt zu einer respektvollen Kommunikation mit bei.
Analyse
Wo genau liegt eigentlich das Problem? Zwischen Alltagsleben, Arbeit, möglicherweise Kindern und eigenen Ansprüchen gibt es nahezu unendlich viele Ecken, in denen es haken kann. Dieses Haken zu identifizieren und konkret anzugreifen kann schon die Auflösung der Krise bedeuten, manchmal muss auch nur ein einziger Knoten platzen.
Rituale
Ist „nur“ die Luft raus, bringen Rituale die Zweisamkeit zurück in den Alltag. Einen Termin für gemeinsame Zeit auszumachen mag erstmal befremdlich erscheinen, garantiert aber bei allem Stress im Alltag aber, dass diese Zeit garantiert frei bleibt. Wöchentliche Planbarkeit ist vielleicht nicht romantisch-spontan, vermittelt aber ein Gefühl von Sicherheit und Zugehörigkeit.
Paartherapie
Der Gang zur Paartherapie muss nicht erst in Frage kommen, wenn man wirklich kurz vor dem Ende steht. Ist ein Streit verfestigt und beide haben das Gefühl, gegen Wände zu sprechen, möchten aber zu einer gemeinsamen Lösung finden, helfen Paartherapeut:innen dabei, diese Barrieren zu durchbrechen und abzureißen.
Zusammenfassend sei gesagt: Eine Beziehungskrise ist noch kein Beziehungsende, kann aber dazu führen, wenn man ihr keine Aufmerksamkeit widmet. Wie man die Krise bewältigt, liegt individuell beim betroffenen Paar, wichtig ist aber, am gleichen Strang zu ziehen. Hat man das im Hinterkopf und ist sich einig, gibt es immer noch Hoffnung für das gemeinsame Leben.