In vielen Kulturkreisen wird Männlichkeit mit dem Bild des stets potenten Mannes gleichgestellt, der immer bereit ist das Verlangen der Partnerin oder des Partners zu erwidern.
Es scheint als selbstverständlich zu gelten, dass der Mann von Natur aus mehr Lust verspürt als die Frau und somit auf jede sexuelle Avance reagiert. Zudem herrscht in den meisten Köpfen die Vorstellung, dass Mann in jedem Geschlechtsakt zum Höhepunkt kommt oder aber der sexuelle Akt für den Mann erst mit dem Orgasmus beendet ist.
Diese Annahmen können bei vielen Männern zu einer Art Leistungsdruck führen.
Nicht zuletzt weil die Simulation des Höhepunkts anders als bei der Frau sofort auffallen würde. Sie stehen unter dem Druck jederzeit funktionieren zu müssen, um Partnerin oder Partner nicht zu enttäuschen. Die Angst vor dem Versagen und später die Angst vor der Angst selbst können zu sexuellen Funktionsstörungen und mangelndem Verlangen führen, welche als Verweigerung des Körpers verstanden werden.
In der Paar- oder Sexualtherapie wird im Falle sexueller Probleme in der Beziehung bevorzugt mit Einzelgesprächen begonnen. Eine relevante Frage kann beispielsweise sein, welche Funktion die aufgetretene Störung hat? Dieser Frage wird in der Therapie nachgegangen, um herauszufinden, ob die Dysfunktion durch Angst vor mangelhafter Performance hervorgerufen wird oder ob es sich um eine Reaktion des Körpers auf Interaktionsprobleme in der Beziehung handelt.
Ein Einzelsetting in der Paartherapie bietet Raum für das Erkunden der eigenen Bedürfnisse und Wünsche ohne Einflussnahme des Partners.
Dennoch ist ein Partnersetting unumgänglich, um die erkannten Bedürfnisse in einem geschützten und vertrauensvollen Rahmen zu kommunizieren. In der Paartherapie lernt der Mann die Funktion der Störung zu verstehen, sich selbst und seine Bedürfnisse zu akzeptieren und sich von kulturellen Mythen („Der stets potente Mann“ bspw.), die das Selbstbild beeinflussen und Scham oder Angst auslösen, zu distanzieren. Letztlich erlernt das Paar gemeinsam die eigene Lust selbstbestimmt zu entdecken und die Bedürfnisse des jeweils anderen zu respektieren.
(Quellenhinweis: Reinhard Maß/Renate Bauer: Lehrbuch Sexualtherapie, Klett-Cotta Verlag, Stuttgart, 2016.)
Hinweis: Der oben genannte Artikel ersetzt nicht den Besuch beim Psychologen, Arzt oder Therapeuten und ist nicht zur Selbsttherapie/-behandlung geeignet