Beziehungen sind ein komplexes Konstrukt. Es gibt viele verschiedene Bereiche die einer Beziehung zugehörig sind. Jedes Paar ist etwas anders, vor allem weil es viele Bereiche gibt, die bei einigen Beziehungen eine Rolle spielen, bei anderen wiederrum nicht so wichtig sind. Anders ausgedrückt: die Prioritäten was von einer Beziehung erwartet wird, beziehungsweise vom Partner sind von Person zu Person unterschiedlich. Menschen die in einer langfristigen Beziehung sind haben für gewöhnlich ähnliche Prioritäten, was sie erwarten und was sie auch bereit sind zu investieren.
Für gewöhnlich geht es dabei um einige Kernbereiche, die sich bei den meisten Menschen ähneln. Die Priorität dieser Kernbereiche kann durchaus verschieden sein. Es ist jedoch gut möglich einen Einblick in die Interaktion von Menschen zu bekommen, wenn man diese Kernbereiche zur Hilfe zieht. Generell geht es hierbei um Zusammenhalt, Selbstständigkeit, Kontrolle, Leistungsorientierung, kulturelle Orientierung, Organisation, Konfliktneigung, Offenheit, und aktive Freizeitgestaltung. Bei den meisten dieser Bereiche gilt, umso ausgeprägter und wichtiger sie sind, umso positiver ist das für eine Beziehung. Zusammenhalt ist für die meisten Paare ein Kernaspekt. Für gewöhnlich ist es beiden Partnern wichtig, dass man ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl hat und dem Partner gegenüber solidarisch ist. Das hat auch seine Vorteile wenn es um Situationen geht, die herausfordernd sind, wie zum Beispiel Berufswechsel oder Kindergeburt. Paare die wenig Zusammenhalt verspüren gehen mit Konflikten wahrscheinlich nicht konstruktiv um. Dies ist ein Bereich an dem Paare generell arbeiten sollten.
Der nächste Bereich, der der Selbstständigkeit, ist generell etwas komplizierter. Generell bewahren Menschen einen gewissen Anteil an Autonomie. Zu viel Selbstständigkeit ist aber generell ein schlechter Prädiktor für Beziehungen. Eine Beziehung lebt immerhin von den gemeinsamen Erlebnissen, zu wenig Selbstständigkeit ist aber auch manchmal Gift für Beziehungen, vor allem dann, wenn der eine Partner gerne etwas selbstständiger wäre als der andere. Dann können Konflikte entstehen, die von Natur aus kompliziert sind. Der nächste Bereich ist die Kontrolle. Kontrolle ist stark verwandt mit Selbstständigkeit. Oft bedeuten wenige Regeln viel Selbstständigkeit. Auch hier verhält es sich von den Maßen genauso. Etwas Kontrolle ist angebracht und auch oft notwendig. Verbindlichkeit ist für Beziehungen wichtig. Zu viele Regeln sind aber auf der anderen Seite auch oft nicht weiter förderlich.
Der nächste Aspekt, der in Beziehungen oft eine Rolle spielt ist die Leistungsorientierung. Die Leistungsorientierung ist generell erst einmal ein individueller Faktor. Wie weit man es in seinem Beruf schaffen möchte ist stark von der eigenen Motivation und vom Selbstverständnis abhängig. Der nächste Punkt, welcher bei Paaren von Bedeutung sein kann, ist die kulturelle Orientierung. Kulturelle Orientierung ist ein Faktor der helfen kann Beziehungen zu vertiefen. Gemeinsame Interessen, die kultureller Natur sind, führen zu gemeinsamen Abenden und zu neuen Gesprächsinhalten. Vor allem bei den höheren Bildungsschichten ist diese Komponente oft wichtig, denn sie erlaubt Tiefgang. Diese Komponente zählt zu denen, die im Endeffekt relativ neutral sind. Es muss nichts bedeuten, wenn die kulturelle Orientierung eher weniger stark ausgeprägt ist. Sie kann aber durchaus hilfreich sein.
Der nächste Punkt ist die Organisation. Der Wille sich selbst und seine Beziehung zu organisieren ist bei allen Menschen unterschiedlich stark ausgeprägt. Auch hier gilt ein gesundes Mittelmaß ist meistens sinnvoller als extreme. Zu chaotische Beziehungen führen oft zu Frust. Zu organisierte und durchgeplante zu Langeweile und zu merkwürdigen Erwartungen, die im Endeffekt nur enttäuschen können.
Ein sehr wichtiger Bereich der in allen Beziehungen eine Rolle spielt, ist die Konfliktneigung. Konfliktneigung beschreibt generell wie oft Paare miteinander streiten. Generell kann man sagen, dass wenige Konflikte positiv sind. Es geht aber vor allem um die Art des Streits. Konstruktive Konflikte sind in der Regel lösbar durch die Partner. Eine destruktive Vorhergehensweise ist dagegen immer kontraproduktiv und erschwert es zu einer Problemlösung zu kommen. Für gewöhnlich ist es vielen Partnern wichtig sich nicht oft zu streiten und es ist auch oft ein Indiz dafür, ob die Beziehung aktuell einen guten Stand hat, oder eher nicht. Der letzte Bereich beinhaltet die aktive Freizeitgestaltung. Aktive Freizeitgestaltung bedeutet im Endeffekt nur, dass man zusammen aktiv etwas unternimmt. Das bedeutet nicht, dass beide Partner besonders sportlich aktiv sein müssen. Es geht hier vielmehr darum, man aktiv etwas zusammen unternimmt und nicht zuhause sitzt.
All diese Faktoren sind natürlich losgelöst voneinander nicht genug um eine Beziehung korrekt darzustellen. Generell sind diese Faktoren auch nur als Querschnitt anzusehen.
Für einen Paartherapeuten ist es jedoch wichtig diese Faktoren zu berücksichtigen. Insbesondere weil es dem Therapeuten erlaubt um ein vollständigeres Bild einer Beziehung zu bekommen und auch um zu verstehen wo die Prioritäten der beiden liegen. Ebenso kann es interessant sein festzustellen, ob die Problematik, die besteht, daraus entstanden ist, dass es eine Diskrepanz gibt zwischen den verschiedenen Faktoren und wie wichtig sie für die einzelnen Personen sind. Ein Beispiel hierzu aus unserer Paartherapie:
In einem Erstgespräch unserer Therapeutin mit dem Paar Klaus und Helga wurden Spannungen deutlich zwischen den beiden. Die Kommunikation war schwierig. Beide stritten häufig. Es wurde im Verlaufe der Therapie deutlich, dass die beiden viele der oben angesprochenen Faktoren als wichtig in einer Beziehung betrachteten. Jedoch waren viele der Prioritäten bei den beiden unterschiedlich. Für Klaus war kulturelle Orientierung ein wichtiger Punkt, in dem er sich auch aus früheren Beziehungen gerne mit seinem Partner identifizieren konnte. Für Helga stand aktive Freizeitgestaltung im Vordergrund. Spontan verreisen zum Beispiel war etwas was sie gerne tat. Für Klaus hingegen war der Begriff von Spontanität schwierig. Er mochte es sich zu organisieren und betrachtete es als logisch, dass auch in seiner Beziehung Dinge geplant werden müssten. Beide gaben jedoch an, dass Offenheit für sie extrem wichtig sei und dass eine niedrige Konfliktneigung auch ein Punkt war, den beide als ähnlich wichtig ansahen. Durch die Gemeinsamkeiten war es möglich ein Gespräch aufzubauen, um zu hinterfragen an welchen anderen Bereichen gearbeitet werden konnte auf beiden Seiten. Dieses Vorhergehen ist eine von vielen Möglichkeiten, um in ein Gespräch zu kommen. Natürlich ist eine Therapie damit nicht geklärt, dass man auf einen gemeinsamen Nenner in einigen Bereichen kommt. Es ist viel Arbeit notwendig um eine Beziehung, die stark vorbelastet ist, wieder in die richtige Wege zu leiten. Der Therapeut kann Ihnen in einer Paartherapie verschiedene Grundlagen zeigen und Ihnen dabei helfen sich wieder besser und verständlicher anzunähern. Dennoch muss der Weg natürlich von dem Paar selber gegangen werden. Der Therapeut dient nur als Mediator und soll Ihnen die Veränderungen erleichtern beziehungsweise ermöglichen. Die entscheidenden Veränderungen müssen aber selbstverständlich vom Paar selber angenommen und ausgeführt werden.
Quellenhinweis: Redaktion MVZ Köln für Psychotherapie GmbH Odendahl & Kollegen
Hinweis: Der oben genannte Artikel ersetzt nicht den Besuch beim Psychologen, Arzt oder Therapeuten und ist nicht zur Selbsttherapie/-behandlung geeignet.
Aktuallisiert: 16.08.2017