Pech in der Liebe, und das am laufenden Band? Wenn auch nicht immer direkt ein Grund, zur Therapie zu laufen, so ist eine Pechsträhne in der Beziehungshistorie doch ein Grund, mal auf Ursachenforschung zu gehen. Häufig fällt es Menschen schwer zu erkennen, ob der:die Andere überhaupt das gleiche von dieser Verbindung erwartet. Nicht jede:r erkennt, welche Art der Beziehung das Gegenüber sucht und projiziert die eigenen Bedürfnisse auf ihn oder sie. An dieser Stelle kollidieren die Vorstellungen, werden aber nicht rechtzeitig kommuniziert und führen an einem zukünftigen Zeitpunkt in der Beziehung zu schmerzhafter Entzweiung. Wiederholt sich diese Routine mehrmals hintereinander, kann es hilfreich sein, mit dem:der aktuellen Partner:in eine Paartherapie wahrzunehmen, auch das Ende vielleicht unausweichlich ist, um Verhaltensmuster und eigene Dynamiken besser zu verstehen.
Um zu verstehen, wo der Hang zu unpassenden Partner:innen und dysfunktionalen Beziehungsmustern herkommt, ist ein Blick in die Vergangenheit häufig aufschlussreich. Welche Art und wie viel Aufmerksamkeit man von seinen Eltern bekommen hat, kann das eigene Verhalten in späteren Beziehungen erheblich beeinflussen. Wichtig: kann, nicht muss! Es ist absolut möglich, die eigenen Bindungsmuster durch das Erfahren neuer zwischenmenschlicher Beziehungen neu zu formen und von frühkindlichen Erfahrungen loszukoppeln.
Sicher gebunden oder unsicher und voller Zweifel?
War die Kindheit und Jugend von Sicherheit, Geborgenheit und Zuverlässigkeit durch die Eltern geprägt, entwickeln Menschen meist das Beziehungsmuster der „sicheren Bindung“. Sicher Gebundenen fällt es weniger schwer, tragfähige und stabile Beziehungen zu führen. Sie sind stabil in ihrem Selbstwert und zuversichtlich der Tatsache gegenüber, dass sie es wert sind, geliebt und mit Respekt behandelt zu werden. Diese Menschen sind nicht davor geschützt, auch mal Pech in der Liebe und Liebeskummer zu haben, neigen aber weniger zu toxischen Beziehungsmustern und wiederholten „falschen“ Partner:innen.
Hat ein Mensch als Kind schwankend elterliche Zuverlässigkeit und Zuwendung erfahren und hatte keine beständige Bezugsperson, äußert sich das im späteren Beziehungsalltag oft durch große Anspannung und Unsicherheit. Diese geht meist einher mit einem gesteigertem Grundbedürfnis nach Aufmerksamkeit und Bestätigung durch den:die Andere:n. Menschen des Beziehungstyps „unsicher-ambivalent“ sind sich der Zuneigung und Liebe ihrer Partner:innen oft nicht sicher und brauchen immer wieder die Zusicherung oder einen Beweis für das gegenseitige Commitment.
Aus ständiger elterlicher Zurückweisung kann der sogenannte „unsicher-vermeidende“ Beziehungstyp entstehen, der sich durch scheinbare emotionale Distanz auszeichnet. Da die kindlichen Grundbedürfnisse nach Liebe und emotionaler Bindung nicht erfüllt wurde, neigen diese Menschen dazu, ihre Gefühle und Bedürfnisse zu unterdrücken und nach Unabhängigkeit zu streben. Schwäche zuzugestehen und sich einem anderen Menschen öffnen ist meist nur eingeschränkt möglich und führt zu einer unsichtbaren Barriere im zwischenmenschlichen Miteinander.
Interessanterweise ergaben Untersuchungen, dass sich Menschen des unsicher-vermeidenden Typs häufig nach Partner:innen mit unsicher-ambivalentem Beziehungstyp orientieren. Die Dysfunktion des:der jeweils Anderen kommt ihnen wie ein Ausgleich zur eigenen emotionalen Abgebrühtheit bzw. Überschwänglichkeit. Menschen des vermeidenden Typs wirken nach außen hin standfest und emotional gefasst, wodurch sie auf Menschen mit starken emotionalen Ausbrüchen wie ein:e geeignete:r Partner:in wirken. Andersherum versuchen eher gefühlsstarre Menschen in ambivalenten Partner:innen einen Ausgleich zu finden: Die emotionale Überschwänglichkeit scheint für zwei zu „reichen“.
Der unsicher-ambivalente Typ erfährt außerdem Bestätigung für bereits in der Kindheit erlernte Konzepte: Nun sind es nicht mehr die Eltern, die zwischen Liebe und Zuneigung und Distanz und Abweisung schwanken, sondern der:die Partner:in, der:die bekannte Art von Zuneigung erweist.
Paare mit gegenläufigen Bindungsmustern können auch glückliche Beziehungen führen und durch positive Erlebnisse an Sicherheit gewinnen, sie müssen aber tendenziell mehr Hürden überwinden und Herausforderungen meistern. Wenn die Bedürfnisse einander nicht ergänzen, sondern immer wieder abgeschmettert werden, entwickelt sich schnell eine Dysfunktionalität. Aus dem Wechselspiel zwischen Ablehnung und Klammern entsteht dann eine Spirale, in der sich der:die unsicher-ambivalente Partner:in ab- oder zurückgewiesen fühlt und beginnt zu klammern, wohindurch der:die unsicher-vermeidende Partner:in weiter nach Distanz und Abstand sucht.
An dieser Stelle kann eine Paartherapie dabei helfen, individuelle Verhaltensmuster und eingeschlichene Dynamiken zu erkennen und anzugehen. Von einem:einer professionellen Therapeut:in oder Coach begleitet, kann das Paar seine Ressourcen kennenlernen und aktivieren, und sich gemeinsam weiterentwickeln.
Liebe und Zerstörung
Inhaltswarnung: In diesem Absatz werden Misshandlung in der Kindheit und in Beziehungen erwähnt.
Für einen Bindungstypen ist die partnerschaftliche Verknüpfung besonders schwer, trotz aller Mühen und Anstrengungen: Menschen mit einer „desorganisierten Bindung“ haben in der Regel stark traumatisierende Kindheitserfahrungen gemacht, wurden von Aufsichts- und/oder Bindungspersonen entweder völlig vernachlässigt oder missbraucht, meist in Verbindung mit körperlicher und/oder psychischer Gewalt.
Auch ein emotional chaotisches Elternhaus, beispielsweise aufgrund einer psychischen oder Drogenerkrankung der Eltern, kann zum desorganisierten Bindungstypen führen. Das Grundbedürfnis nach Bindung wurde hier nicht nur missachtet, sondern regelrecht missbraucht: Die Suche nach Nähe und Zuwendung mündete in der Regel in Missbrauch oder Verletzung. Im Erwachsenenleben bedeutet das für Menschen dieses Bindungstyps, dass sie zwar nach Nähe und Zuneigung in der Beziehung suchen, gleichzeitig aber immer mit Zurückweisung und Verletzung rechnen. Sie stehen permanent unter Stress und können sich in der Partnerschaft nicht entspannen, wodurch sie auch ihre:n Partner:in beeinflussen. Häufig finden sich Menschen des desorganisierten Typen zusammen und versetzen sich gegenseitig in Stress, was wiederum zu eskalierenden Konflikten bis hin zu häuslicher Gewalt führen kann. Eine Trennung kommt für viele dieser Menschen trotzdem nicht in Frage, weil sie einerseits die Versöhnung als besonders liebevoll empfinden, andererseits aber auch gar keine anderen Beziehungsmuster kennen. In diesen Fällen empfiehlt es sich, Psychotherapie in Anspruch zu nehmen, um die eigenen traumatischen Erfahrungen zu verarbeiten. Eine Paartherapie kann zusätzlich zu gegenseitigem Verständnis und mehr Unterstützung verhelfen und den:die Partner:in angemessen in den Therapieverlauf integrieren.
Sie haben sich wiedergefunden und das Gefühl, eine Paartherapie könnte Ihnen weiterhelfen? Kontaktieren Sie uns gerne.
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