In der Gesellschaft relativ bekannt, häufig aber doch in ihrer Ernsthaftigkeit verkannt, sind Zwangsstörungen eigentlich keine Seltenheit: Schätzungen nach sind etwa ein bis drei Prozent der Bevölkerung betroffen. Dadurch, dass aber die wenigsten Menschen wissen, wie mit Zwangsstörungen umzugehen ist, liefern sie in Beziehungen ihre ganz eigenen Fallstricke.
„Denn obwohl die meisten Betroffenen wissen, dass ihre Zwänge auf andere übertrieben wirken, können sie meist nicht viel gegen die Ausbrüche der Zwänge machen. Das belastet die eigene Psyche und kann sich negativ auf Partnerschaften auswirken“, so Helga Odendahl, erfahrene Paartherapeutin bei Paartherapie Köln.
„Dann lass das doch einfach!“
Das Wort „Zwang“ bedeutet für gewöhnlich, dass man eine Handlung nicht aus freiem Willen durchführt, sondern weil man (beispielsweise unter der Androhung oder Ausübung von Gewalt) von jemand anderem dazu gebracht wird. Bei einer Zwangsstörung sind es nicht Außenstehende, die die Betroffenen zu Handlungen oder Gedanken nötigen, sondern sie selber: Der Zwang kommt von innen. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass Betroffene „einfach“ aufhören können. Hat sich der Gedanke einmal manifestiert, ist es sehr schwer, sich ihm zu widersetzen und ihn nicht zu denken oder auszuführen. Dieser Druck wird dann so lange stärker, bis die Betroffenen sich nicht mehr widersetzen und dem Zwang nachgeben.
Unterschieden wird in Zwangsgedanken und Zwangshandlungen. Bei Zwangsgedanken müssen Betroffene beispielweise stets über das Gleiche nachdenken ohne zu einer Lösung zu kommen, oder werden ständig von der Befürchtung übermannt, etwas falsch zu machen. Zwangshandlungen manifestieren sich zum Beispiel in einem Waschzwang, oder auch einem Kontrollzwang, bei dem Betroffene scheinbar beiläufige Handlungen wie das Abschließen der Tür mehrmalig überprüft werden müssen. Bei den meisten Betroffenen tritt eine Kombination aus Gedanken und Handlungen auf, wobei diese sich dann wieder in ihrem Auftreten unterscheiden.
Du, ich, und die Zwangsstörung
Die Krux an Zwangsstörungen ist, dass zwar nur ein/e Partner/in erkrankt, aber beide darunter leiden. Eine Beziehung baut auf Kompromissen und Auf-einander-eingehen auf, Zwangshandlungen lassen jedoch selten Kompromisse zu. Und Zwangsgedanken lassen sich von außen nicht erfassen, der/die Andere weiß überhaupt nicht, was in der/dem Betroffenen vorgeht und aus welcher Motivation heraus Dinge gesagt oder getan werden.
Dazu ein Beispiel aus unserer Praxis: Ein junges Elternpaar kam zu uns in die Paartherapie Köln im MVZ Köln für Psychotherapie und berichtete von erhöhter Spannung in der Beziehung. Die beiden lebten das eher konservative Familienmodell, der Vater ging arbeiten, die Mutter war für Kinder und den Haushalt verantwortlich. Zu den Spannungen führte dann, dass sie diese Aufgaben nur noch bedingt abgearbeitet hat. Die Kinder waren versorgt, der Haushalt und die Wäsche stauten sich an. Im therapeutischen Gespräch stellte sich heraus, dass die Mutter in den sechs Jahren seit der Geburt ihres ersten Kindes einen Ordnungs- und Sauberkeitszwang entwickelt hatte, ausgelöst durch den Wunsch, das Kind stets (ihren Maßstäben nach) perfekt gewaschen und gekleidet zu haben.
Ein Sauberkeitszwang und eine unordentliche Wohnung zu haben klingt erstmal paradox, ist aber recht leicht erklärt: Der Frau war klar, dass sie mit dem Ergebnis niemals zufrieden sein und deswegen kein Ende im Aufräumen finden würde. Statt sich also dem Stress dieser scheinbar unkontrollierbaren Aufgabe zu ergeben, beließ sie es lieber beim ursprünglichen Zustand. Gleichzeitig war sie nicht in der Lage, ihrem Mann diese Gefühle zu kommunizieren, fühlte sich missverstanden und weiter unter Druck gesetzt.
Mithilfe der Paartherapie war es dem Paar möglich, Kommunikationsmuster zu ändern und zu verbessern, Verständnis für die jeweils andere Seite und Strategien für den Umgang mit dem erkannten Problem zu entwickeln. Auch zeigte sich die junge Mutter offen für eine Einzeltherapie, um für sich selbst einen Umgang mit der Zwangsstörung zu entwickeln.
Sie haben das Gefühl, dass Ihre Beziehung unter Ihrer psychischen Krankheit oder der Ihres/Ihrer Partner/in leidet? Melden Sie sich gerne bei uns!